14. Februar 2022

Wie Sprache Ihre Unternehmensidentität mitgestalten kann

Imagefoto einer Gruppe junger Menschen zum Thema Corporate Language

In Zeiten des medialen Überangebotes, in denen Unternehmen mit auffälligen Designs, Postings und Produkten geradezu um die Aufmerksamkeit der Massen wetteifern, bleibt eines oft auf der Strecke: die Sprache. Dabei spielt gerade diese eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Firmenidentitäten. Hier geht es jedoch um mehr als den schmissigen Werbeslogan oder die Frage nach dem Gendern. Wir erklären euch, was sich hinter der Corporate Language verbirgt und wie ihr Sprache bewusst zu einer der Geheimwaffen eures Erfolges machen könnt.

Was ist Corporate Language?

Unter dem Begriff der Corporate Language (hier abgekürzt als CL), oft auch als Corporate Wording bezeichnet, versteht man die individuelle Sprache eines Unternehmens, mit der intern und extern kommuniziert wird. Die CL ist ein zentraler Bestandteil der Corporate Identity und sollte diese idealerweise sprachlich transportieren. Als Werkzeug der Unternehmenskommunikation spielt die CL eine tragende Rolle für die Außenwirkung sowie für die Identifikation der Mitarbeitenden mit ihrem Unternehmen. Die Bedeutung der Sprache betrifft also alle Stakeholder im Firmenkontext.

Die CL umfasst viele verschiedene Aspekte, darunter Ansprache, Fachterminologie, Schreibweisen, Grammatik, Rechtschreibung, Textsorten etc. Der daraus hervorgehende firmenspezifische Sprachstil wirkt sich – ähnlich wie das visuelle Corporate Design – auf die Vermittlung der Markenidentität aus, nur eben auf verbaler Ebene.

Typische Anwendungskontexte der CL sind zum Beispiel Pressemitteilungen, interne Ankündigungen, Social Media-Content, öffentliche Auftritte und Marketingmaßnahmen. Für die CL sind dabei alle sprachlichen Kommunikationsformen von Bedeutung, egal ob mündlich oder schriftlich.

So macht ihr mit Sprache den entscheidenden Unterschied!

Sprache ist in vielerlei Hinsicht ein mächtiges Instrument. Im unternehmerischen Kontext kann sie zum Beispiel bewusst eingesetzt werden, um die Aufmerksamkeit zu lenken und den Beziehungsaufbau zur Zielgruppe zu fördern. Bei gekonnter Verwendung vermitteln Unternehmen durch Sprache ihr Selbstverständnis, ihre Identität. Dadurch können Sympathie, Glaubwürdigkeit und Interesse geweckt werden. Gerade in Fällen, in denen noch kein Face-to-face-Gespräch zustande gekommen ist und der Kontakt zwischen Firma und Kunde auf der Nutzung digitaler Kommunikationsmedien beruht, kann Sprache zum entscheidenden Kriterium für oder gegen eine Zusammenarbeit werden. Zudem könnt ihr euch durch euren firmeneigenen Sprachstil ganz wunderbar von der Konkurrenz abgrenzen. Doch auch firmenintern entfaltet Sprache – oftmals unbemerkt und hintergründig – eine große Wirkung. So sorgt ein angenehmes „sprachliches Klima“ im Sinne freundlicher und respektvoller Kommunikation für mehr Wohlbefinden und Motivation bei Arbeit. Zielgerichtete Formulierungen und Anweisungen beeinflussen zudem die langfristige Effektivität und sorgen für ein klares Verständnis dessen, was im Arbeitskontext zu tun ist. Wir sehen: Sprache kann bewusst zur Erreichung wirtschaftlicher und unternehmensinterner Ziele eingesetzt werden. Wir zeigen euch, was dahintersteckt!

Grundlegende Merkmale wirksamer CL

Bevor wir uns die verschiedenen Aspekte anschauen, die bei der Gestaltung der CL von Bedeutung sind, wollen wir zunächst ein paar Grundcharakteristika aufstellen. Die drei Zauberwörter lauten hier: Durchgängigkeit, Individualität und Klarheit. Gemeint ist, dass ihr eure Unternehmenssprache einheitlich nutzen solltet und nicht wechselnd nach Lust und Laune. Dazu gehört zum Beispiel die Frage, ob ihr eure Zielgruppe duzen oder siezen wollt, wie ihr gendert, welche Schreibweisen ihr nutzen und welche sprachliche Stilrichtung ihr einschlagen möchtet. Das bringt uns schon zum nächsten Punkt: Klarheit ist in den meisten Fällen ein eindeutiges Qualitätsmerkmal sprachlicher Kommunikation. Künstlich verschwurbelte Formulierungen und Schachtelsätze in Fachchinesisch wirken tendenziell eher abschreckend als überzeugend. Ein konsequent einheitlicher und klarer Sprachstil vermittelt nicht nur ein solides Selbstverständnis eurer Firma, sondern zeugt auch von Kompetenz und Bewusstsein. Ganz wichtig ist natürlich auch eine möglichst individuelle Sprache, denn durch sie könnt ihr eure Brand Personality bzw. Corporate Identity zum Ausdruck bringen, was nicht zuletzt zur Identifikation eurer Zielgruppe mit eurem Unternehmen führen kann. Betrachten wir einmal IKEA als Beispiel. Das schwedische Möbelhaus gibt sich stets nahbar und sympathisch, indem es seine (potenziellen) Kunden konsequent duzt und sich durch den schwedischen Akzent und die passenden Produktnamen einen enormen Wiedererkennungswert verschafft.

Die Dimensionen und Wirkungsebenen der CL

Habt ihr euch erstmal auf die Grundsätze verständigt, geht es an die Details. Unter all den nennenswerten Aspekten stellen wir euch hier drei ausgewählte Wirkungsebenen von CL vor, die es im Kontext konkreter Kommunikationsmaßnahmen zu beachten gilt: a) die Funktionsabsicht, b) die Medienabhängigkeit und c) den Zeitrahmen. Bei a) geht es zunächst darum, sich zu überlegen, welche Funktion ein Text oder eine Äußerung erfüllen soll. Handelt es sich um eine deskriptive Produktbeschreibung für euren Onlineshop oder möchtet ihr euren Kunden eine präskriptive (=vorschreibende) Gebrauchsanweisung zur Verfügung stellen? Geht es um das affirmative Erzählen von Produktgeschichten oder soll stattdessen eine Kaufaufforderung in Form eines Appels ausgesprochen werden? Die Beantwortung dieser Fragen hilft euch dabei, den Grad an Sachlichkeit oder Emotionalität in eurem Text zu bestimmen, denn dieser kann trotz unternehmenseigenem Sprachstil von Anlass zu Anlass variieren. Ebenso wichtig wie die sprachlich verfolgten Funktionen ist auch die Einpassung eurer kommunikativen Handlungen in den jeweiligen medialen Kontext. Eine Äußerung in der Instagram Story klingt in der Regel anders als eine begrüßende Ansprache in der Vorstandssitzung. Gleiches gilt für die inhaltliche Dichte der Informationen. So ist ein Produktkatalog sprachlich anders ausgestaltet als eine Headline in einem Google Ad. Je nachdem, wer angesprochen werden soll, und welches Medium ihr in diesem Moment heranzieht, sollte eure Sprache immer kontextgerecht Verwendung finden und den spezifischen Regeln des Mediums folgen. Der dritte Punkt, der zeitliche Rahmen, hat mit dem strategischen Hintergrund eurer sprachlichen Äußerungen zu tun. Geht es in der kommunikativen Äußerung um ein konkretes Event oder Angebot, das ihr bewerben wollt? Oder besteht das Ziel vielmehr im Aufbau eines langfristigen Images? Die Antwort hat direkte Auswirkungen auf eure Botschaft, Ansprache und Argumentwahl.

Konzept ist alles! – Tipps und Tools für eure CL

Für die Entwicklung eines funktionierenden CL-Konzeptes solltet ihr zunächst den Ist-Zustand eurer bisherigen Sprachnutzung analysieren. So fallen euch bestenfalls direkt Punkte auf, die schon gut waren und die ihr in Zukunft anders behandeln möchtet. Da eure CL auf eurer Corporate Identity basiert, bietet es sich zudem an, sich die zentralen Merkmale und Werte der eigenen Unternehmensidentität nochmal vor Augen zu führen, um diese bewusst in das neue Sprachkonzept einarbeiten zu können. Sind wir eher „jung und hip“ und kommunizieren mit lockeren und humorvollen Ansprachen? Oder ist die Tradition unser Fundament, das wir durch seriöse und fachgerechte Formulierungen zum Ausdruck bringen? Auf Grundlage solcher und weiterer Fragen lässt sich ein Styleguide erstellen, in dem ihr alle sprachlichen und stilistischen Vorgaben für die interne und externe Kommunikation festlegen könnt. Neben einer klaren Schreibanleitung könnt ihr dort auch ein paar Leitsätze und Beispiele zur Orientierung bereitstellen, die ein Gefühl für den jeweiligen Schreibanlass geben. Dieses Handbuch wird dann optimalerweise für die verschiedensten Äußerungsanlässe herangezogen, ob vom Texter, der Pressesprecherin oder dem Social Media-Praktikanten. Optimalerweise sollte auch für regelmäßige Trainingsmöglichkeiten gesorgt sein, zum Beispiel durch betriebsinterne Schreib-Workshops.

Zusätzlich könnt ihr auch ein (bei Bedarf mehrsprachiges) Firmenwörterbuch heranziehen, das euren Texter*innen und Redakteur*innen dabei hilft, schnell die richtige Fach- und Firmenterminologie zu finden. Auch empfiehlt es sich, im Rahmen des CL-Konzeptes eine Liste mit sogenannten „Love-Words“ anzulegen. Das sind all die Wörter und Begriffe, die in Ihrem Unternehmenskontext besonders wichtig und wiederkehrend sind. Um eine solche Sammlung zusammenzustellen, könnt ihr im Team ein Brainstorming zu den Themen, Werten und Emotionen machen, die ihr mit eurem Unternehmen, euren Dienstleistungen und Produkten verbindet. Die zusammengetragenen Wörter dienen euch dann in Zukunft als Orientierung für alle möglichen sprachlichen Äußerungsanlässe. Wer sich nun fragt, ob es dadurch nicht zu störenden Wortwiederholungen kommt, hat zwar rein sprachlich gesehen recht, doch wissen wir auch, dass Wiederholung zu Festigung führt – ein Effekt, der gerade in Werbekontexten durchaus von Vorteil ist, um Wiedererkennung und Vertrauen zu schaffen.

Auf einen Blick

Die Sprache ist unser alltägliches Kommunikationsinstrument und wird in ihrer Wirkungsmacht dennoch oft unterschätzt. Diesen Fehler könnt ihr vermeiden, indem ihr euer Wissen um die Komponenten und Dimensionen von Sprache nutzt, um euer Unternehmen einmal grundlegend „sprachlich auf den Kopf zu stellen“. Das ist nicht nur überaus effektiv, sondern macht gemeinsam im Team auch noch jede Menge Spaß. Also, nur Mut und ran ans Sammeln, Formulieren und Konzipieren. Damit eure Sprache bald genauso individuell ist, wie euer Unternehmen selbst!